Sonntag, 27. September 2015

1 Monat und Frühlingsfest

Dieses Wochenende bin ich mit ein paar Mädchen aufs Land in ein Dorf namens Carlos Paz gefahren, um dort den Frühling zu feiern. Das ist hier in Argentinien eine ziemlich große Sache und alle Jugendlichen aus Cordoba versuchen eine Möglichkeit zu finden, um mit ihren Freunden dorthin zu fahren. Glücklicherweise hat eine meiner Mitschülerinnen dort ein Wochenendhaus, in dem wir das ganze Wochenende (Freitag bis Montag) zu siebt gewohnt haben. Nach 1,5 Stunden Busfahrt sind wir Freitag abends am Haus angekommen und haben uns für die erste Fiesta fertig gemacht, wofür Argentinierinnen ungefähr 1,5 bis zwei Stunden brauchen. Zum Glück war ich am Donnerstag noch mit den Mädchen shoppen, sonst hätte ich nämlich überhaupt nichts passendes zum anziehen gehabt. Denn obwohl es immer noch so kalt war wie im Winter, ziehen die Mädchen hier abends kurze Hosen mit bauchfreien Tops oder Kleider an und darüber nur eine dünne Jacke (Anmerkung: die Fiestas finden immer draußen statt). Ingesamt waren wir auf drei Fiestas und ich bin ein wenig geschockt, dass ich mich kaum erkältet habe. Dadurch, dass ich den ganzen Tag Spanisch sprechen oder vielmehr hören musste, habe ich auch ein paar neue Wörter gelernt und verstehe einiges mehr als vorher. Trotzdem gefallen mir die Boliches aber besser, weil es dort nicht so arschkalt ist und ich für ein paar Stunden mal kein Wort Spanisch sprechen muss.

Zur Zeit sind Olimpiadas an meiner Schule, das heißt, dass alle Klassen gegeneinander in verschiedenen Sportarten gegeneinander antreten. Eigentlich war nur am Montag schulfrei, weil Tag der Schüler war, aber warum nur einen Tag keinen Unterricht haben, wenn auch eine Woche geht?^^Jedenfalls muss ich zum Glück keinen Sport machen, also sitze ich das ganzen Tag nur rum und schaue den anderen beim spielen zu und feuere sie an. Zum Glück geht es den anderen Austauschschülern genauso also habe ich wenigstens jeden Tag ein paar Minuten, in denen ich mal nicht spanisch sondern Englisch oder sogar deutsch sprechen kann. Heute bin ich endlich das erste Mal mit dem Bus nach Hause gefahren, auch wenn ich das ohne die Hilfe von dem Dänischen Austauschschüler und einer Freundin wahrscheinlich nicht hingekriegt hätte (fehlender Orientierungssinn). Jedenfalls habe ich während der Busfahrt einen Dönerladen entdeckt und meiner Freundin erstmal fünfmal "DÖNER!" ins Ohr gerufen, weil ich es garnicht fassen konnte. Wir haben jetzt beschlossen, dass wir unbedingt mal zu siebt Döner essen gehen müssen, ich hoffe der ist auch nur halb so gut wie in Deutschland.

Weil ich jetzt schon fast einen Monat hier bin, kann ich ja mal was über die Argentinier im allgemeinen erzählen. Was schon am Flughafen aufgefallen ist, ist dass Argentinier unglaublich angepasst sind. Fast alle tragen die gleichen Schuhe, haben die gleichen Schultaschen, die gleichen Sonnenbrillen und sogar die gleichen Tupperware Trinkflaschen.  Selbst die Hippies hier sehen irgendwie alle gleich aus. 
Trotzdem habe ich die Argentinier schon ziemlich lieb gewonnen, man findet in der Schule eigentlich immer jemanden zum reden und wenn man Hilfe braucht, behandeln sie einen wie ihr eigenes Kind. Sogar die Mädchen aus meiner alten Klasse, in der ich nur einen Tag lang war, begrüßen mich jedes mal wie eine lange nicht gesehene Freundin und fragen dreimal nach, ob meine neue Klasse mich auch wirklich gut behandelt :D
Außerdem sind Argentinier laut und wenn sie aufgeregt sind benutzen sie in jedem zweiten Satz ein Schimpfwort. Ich kann jetzt schon mehr Schimpfwörter auf spanisch als auf deutsch, weil es hier auch einfach viel mehr gibt und sie viel öfter benutzt werden.
Die Menschen hier haben auch viel mehr Körperkontakt als Deutsche, es fängt schon mit dem Küsschen auf die Wange zur Begrüßung an und was in Deutschland schon fast als sexuelle Belästigung gelten würde, ist hier völlig normal. 
Die Lieblingsbeschäftigungen eines jeden Argentiniers sind Fußball gucken, Mittagsschlaf machen, fettig essen und Nachts ausgehen. Aber auch wenn gerade kein Fußballspiel im Fernsehen läuft, ist der Fernseher fast ununterbrochen angeschaltet und es steht natürlich in jedem Haus ein Fernseher neben dem Esstisch.

Eigentlich geht es mir hier ziemlich gut, bloß ist meine Gastmutter die meiste Zeit sehr grantig, aber das ist mir eigentlich auch ziemlich egal. Ich finde dieses ganze "zweite Familie im Austausch finden" sowieso ziemlich übertrieben, schließlich habe ich ja eine Familie in Deutschland und Freunde, die über 40 Jahre alt sind brauche ich auch nicht unbedingt, also bin ich hier froh, dass es meine Gastfamilie wenigstens nicht stört, wenn ich alleine raus gehe, das dürfen andere Austauschschüler nämlich nicht immer. Allerdings bin ich relativ genervt davon, immer grantige Blicke von meiner Gastmutter abzubekommen, wenn sie mal wieder schlecht gelaunt ist. Gestern hatte ich zum Beispiel ein Treffen mit anderen Austauschschülern, wofür ich etwas deutsches kochen sollte und sie hat mir kaum geholfen irgendwas zu machen, sondern nur gesagt "du solltest langsam mal einkaufen gehen". Wenigstens hat mir meine Gastschwester dann beim Flammkuchen geholfen, aber leider ist der nicht gelungen und ich bin auch noch zu spät zum Treffen gekommen, weil meine Gastmutter sich um drei "kurz hingelegt" hat und um fünf als ich schon seit einer Stunde beim Treffen sein sollte, immer noch nicht wach war und ich den Ofen nicht aus gekriegt hab. Letztendlich bin ich dann eine halbe Stunde zu Fuß gegangen und einen Zettel hinterlassen, weshalb sie dann wieder genervt war.
Trotzdem war das Treffen mit den Austauschschülern sehr schön, wir haben im Park gesessen und Mate getrunken und hinterher waren wir im Apartment von einem Rotarier und haben internationales Essen und Empanadas gegessen. Ich würde jetzt zwar gerne Bilder davon hier reinstellen, aber ich hab mein Handy in Gaspars Wohnung vergessen und als ich es heute abholen wollte, habe ich das Apartment nicht wiedergefunden (typisch), also geht das leider nicht. Heute Nachmittag werde ich mit den Rotaract Leuten und Claire, der belgischen Austauschschülerin, eine Tour durch die Innenstadt von Cordoba machen, weil meine Familie das ja nie gemacht hat. Bis dahin lungere ich hier noch ein bisschen rum, weil ich glaube, dass meine Gastmutter nicht will, dass ich schon wieder raus gehe, sie war schon wieder ziemlich genervt, weil ich über zwei Stunden lang nach meinem Handy gesucht habe und ihnen nicht Bescheid gesagt habe, weil sie grade unterwegs waren und ich ja nicht wissen konnte, dass ich statt einer Stunde gleich zweieinhalb Stunden lang herumirren würde (hab mich zweimal auf dem Weg verlaufen :D).

UPDATE: Man sollte nicht alles zu ernst nehmen, was ich über einige Leute hier sage, mir geht's eigentlich ganz gut in meiner Gastfamilie also keine Sorge.

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